Saisonausblick TSV 1. Mannschaft (männlich)


TSV Grötzingen im Umbruch

Die dieser Tage viel beschworene und wenig realisierte Zeitenwende ist am Grötzinger Grollenberg in vollem Gange – gleichwohl ebenso wenig vollendet und mit demselben ungewissen Ausgang wie die auf der großen Politbühne: Insbesondere die A-Jugend leidet unter der unklaren Trainersituation für die 1. Mannschaft. Dabei ist gerade sie gefragt, den Abgang von fünf Turnern zu kompensieren, die in der letzten Saison nicht weniger als zwei Drittel der insgesamt 207 erzielten Scorepunkte beigesteuert haben. Vor allem der Wechsel von Felix Zäuner, im Vorjahr Topscorer im TSV-Dress, zum Zweitligisten Exquisa Oberbayern, reißt tiefe Lücken in die Abteilung Attacke.

 

„Dann muss eben die Null stehen“, verortet Mannschaftskapitän Jens Rudat die Lösung in einer verbesserten Abwehrleistung: „Wir werden weniger sehr hohe Wertungen erzielen als im Vorjahr, also müssen wir weniger sehr niedrige abliefern. Nur wenn wir deutlich weniger Scorepunkte abgeben als die 266 beim letzten Mal, können wir die Klasse halten.“ Vor allem die insgesamt acht Penalties anno 2022 für zu kurze Übungen infolge nicht anerkannter Übungsteile wurmen den 48jährigen: „Da haben wir in den letzten Monaten viel Trainingszeit in das eine oder andere Reserveelement gesteckt. Trotzdem hatten wir letzten Freitag beim alljährlichen Testwettkampf in Bühl wieder mehrere zu kurze Übungen, das darf in der Saison einfach nicht passieren“.

 

Richten sollen es insbesondere „Fanta4“, eine Trainingsgruppe aus vier 17jährigen Nachwuchsturnern, die gerade einen gewaltigen Motivationsschub erleben durften: Zusammen mit ihrem Bundesligakameraden Julian Bertsch (24) konnten Leo Huber, Björn Brücher, Sverre Weiss und Julius Kramer durch Organisation des Grötzinger Urgesteins Lazar Bratan ihren ersten internationalen Wettkampf in dessen rumänischer Heimat bestreiten. Im hochkarätig besetzen Teilnehmerfeld aus 14 Nationen befand sich mit Artem Dologpyat (ISR) sogar ein aktueller Olympiasieger, sowie weitere Hochkaräter (Félix Dolci/CDN, Raiderley Zapata/ESP), darunter auch der frühere TSV-Ligaturner Ricardo Rudy, der sich wenige Wochen vor der WM in Antwerpen noch einmal den Kampfrichtern präsentierte.

 

„Diesen Schwung müssen die Jungs nun mitnehmen; auch wenn es beim ersten Saisongegner in Backnang nur Platz für 200 Zuschauer hat, statt wie in der Bukarester Polyvalent Hall für 5.000; die werden uns schon einzuheizen wissen“, weist Jens auf die erste schwere Aufgabe der Saison hin. „Letztes Jahr haben wir die mit 43:20 aus der Halle gefegt; da wird man im Schwabenland mächtig auf Revanche brennen“. Dass die TSG Backnang sich kurz vor Meldeschluss noch mit einem jungen Ukrainer sowie einem international erfahrenen Iraker verstärkt hat, macht die Sache nicht einfacher.

Unterstützt werden die Turner aus der Fächerstadt von den Neuzugängen Tobias Roth (Freiburg), Sebastian Schneider (Iffezheim) und Gerrit Enderle (Weingarten), die allesamt über den Karlsruher Hochschulsport den Weg ins TSV-Team gefunden haben. Ebenfalls als Gastturner ist Marco Richter (Neckarau) wieder an Bord, der aber wie Sebastian und Gerrit im Schnitt nur einmal pro Wettkampf zum Einsatz kommen darf, um die Startberechtigung für seinen Heimatverein nicht zu verlieren. Dasselbe gilt für „Edeljoker“ Thomas Hanke, der höchst motiviert ist, noch einmal für Grötzingen an den Start zu gehen – mit willigem Geist, das Fleisch jedoch fast ebenso altersschwach wie bei Jens und Lazar. Von den drei letztgenannten abgesehen, liegt der Altersdurchschnitt der Mannschaft bei nicht einmal 21 Jahren, auch dank der jungen Grötzinger Eigengewächse bei Nikolai Parkin und Neyén Eder. Letzterer hat als ehemaliger Landeskaderturner nun einen Teil der Trainerarbeit für die A-Jugend übernommen. Erste Früchte der Arbeit dürften ab Samstag zu bewundern sein.

 

JR